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Die ,,alten" Glocken

Eine 335jährige bekommt zwei Schwestern

(2008)


Wie kann eine Glocke, die sicher viel erlebt hat, die im Ersten Weltkrieg allein läuten musste und im Zweiten Weltkrieg sogar schon auf dem „Glockenfriedhof“ gelandet war, wie kann sie immer noch klaglos ihren Dienst versehen, während ihre erst 87 Jahre alten Schwestern, bereits altersschwach, auf ihre Ablösung warten. Diese Frage ist sehr leicht zu beantworten. Die älteste, aus dem Jahr 1674 stammende Glocke der Lutherkirche besteht aus Bronze. Die beiden anderen, im Jahre 1922 als Ersatz für die im Ersten Weltkrieg konfiszierten Glocken angeschafften, sind Stahlglocken. Diese Glocken haben aber, wie Fachleute wissen, nur eine Lebensdauer von 50 bis höchstens 80 Jahren, weil sie in dieser Zeit durchrosten. So gesehen haben also unsere Stahlglocken schon ein begnadetes Alter erreicht. Deshalb hat der Kirchenvorstand unlängst beschlossen, dass die höchstbetagte alte Bronzeglocke zwei neue Schwestern bekommen soll, die wie sie aus Bronze gegossen werden. 
Zurzeit bestehen noch etwa 15 % der circa 90.000 in Deutschland läutenden Glocken aus Stahl. Selbst die vielleicht zu Beginn der Bundesrepublik Deutschland gegossenen Stahlglocken haben also inzwischen ein Alter von 60 Jahren erreicht und sind bereits mitten in ihrer Lebenserwartung. Augenblicklich gibt es in Deutschland noch mindestens sieben aktive Glockengießereien. Die beiden wohl bekanntesten unter ihnen sind die Glockengießerei Albert Bachert in Karlsruhe und die Glockengießerei Gebrüder Rincker in Sinn. 

Ist einmal der Schritt über die Ausschreibung, die Preisverhandlung und die Auftragsvergabe hinaus gegangen, dann beginnt ein langer Weg bis zum Guss der Glocke. Damit sich die beiden neuen Glocken gut in das komplette Geläut einpassen, muss zunächst ein Glockensachverständiger den Schlagton festlegen. Dieser Ton hängt von der Größe und Form des Glockenquerschnitts, der sogenannten Rippe, ab. Jede der zurzeit in Deutschland aktiven Glockengießereien hat ihre eigene Rippenform, so dass ein Fachmann heraushört, aus welcher Gießerei eine Glocke stammt. Steht schließlich die Rippe der neuen Glocke fest, wird zunächst das Innere der Gussform grob mit Backstein aufgemauert. Die exakte Form wird dann aus Lehm mit Hilfe einer Holzschablone hergestellt, die um eine senkrechte Achse rotiert. Gegen eine Trennschicht, mit der die Lehmform versehen wurde, modellieren danach die Handwerker, wiederum aus Lehm, die „falsche Glocke“. Auf ihr müssen bereits gewünschte Verzierungen und Beschriftungen aufgesetzt werden. Auf diese Modellglocke, die ebenfall eine Trennschicht bekam, wird zuletzt der Mantel aus Lehm gebaut. Diese dreiteilige Form wird nun von innen gebrannt. Danach kann der Mantel vorsichtig abgehoben und die Modellglocke zerschlagen werden. Nach der erneuten Platzierung des Mantels ist eine Hohlform entstanden, die jetzt fest in Erde eingestampft werden muss. Endlich können die Gießer die 1100 Grad Celsius heiße Bronze einfüllen. Der Guss findet traditionell zur Todesstunde Jesu statt, an einem Freitagmittag um 15 Uhr. Fast 500 Glocken werden in Deutschland jährlich gegossen. Ohne den Klöppel bliebe aber die schönste Glocke stumm. Er soll, wie der Fachmann rät, vorzugsweise aus weichem Gusseisen sein. Und damit alles am Ende gut klingt, empfiehlt es sich, die Glocke am besten in einem Stuhl aus bestem Eichenholz aufzuhängen. Ist auch der Läutemotor korrekt eingestellt, dann wir der Klöppel nämlich die Glocke nur „küssen“ und sie nicht schon nach wenigen Jahren springen lassen.

Für die Stahlglocken hatte sich damals die Gemeinde im März 1921 entschieden. Zum Pfingstfest 1922 konnten die Glocken zum ersten Mal läuten. Der Kirchenvorstand hat sich nun im März 2009 für den Guss von zwei neuen Bronzeglocken entschieden. Sie sollen nach unserem Wunsch zum Pfingstfest 2010 erstmals zum Gottesdienst rufen. An den geschätzten Gesamtherstellungskosten von 100.000 € fehlen noch 40.000 € (Stand 2008). Der Kirchenvorstand hofft, diesen Fehlbetrag durch Spenden ausgleichen zu können. Es ist inzwischen ein Spendenkonto bei der Vereinigte Volksbank eG (BLZ 27893215) Konto 1124102 eröffnet worden.

Hans-Hermann Wedekind

Zwei neue Glocken gesucht

Die Lutherkirche läutet normalerweise mit drei Glocken. Das volle Geläut ist weithin in der Stadt zu hören und ein vertrauter Klang.

Die älteste und kleinste Glocke stammt aus dem Jahr 1674 und ist aus Bronze gegossen.
Sie versieht klaglos ihren Dienst.

Die beiden anderen Glocken sind im Jahr 1922 entstanden. Es sind Stahlgussglocken, die nur eine Lebensdauer von 50 bis 80 Jahren haben. 
Sie sind jetzt schadhaft und müssen dringend ausgetauscht werden.
Seit Anfang des Jahres ist bereits eine dieser Glocken aus technischen Gründen verstummt.

Die begrenzte Lebensdauer von Stahlglocken

Wird eine Stahlglocke gegossen, so wird im Guss Sauerstoff eingeschlossen. Dieser oxydiert und so rostet eine Stahlglocke mit der Zeit von innen nach außen.

Deshalb ist es sinnlos, eine Stahlglocke von außen schützen zu wollen, indem man sie mit Korrosionsschutz streicht.

Die Glocke verliert aufgrund ihres Materials mit der Zeit ihre Klangfülle. Schließlich hört man nur noch ein dumpfes „Geballer“.